DÜSSELDORF: Nun sei sie „abgeschlossen“, die „Bereitstellung aller wichtigen Kanäle in der Geschäftsführung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der Bürgerbewegung pro Deutschland“ („pro D“). Stolz präsentierte der am 31. Oktober 2015 ins Leben gerufene NRW-Landesverband der Anfang 2005 gegründeten, extrem rechten Partei am 21. Februar 2016 eine Festnetztelefonnummer mit Düsseldorfer Vorwahl, um damit die Aufnahme eines regulären „Geschäftsbetriebs“ seiner neu gegründeten Landesgeschäftsstelle zu belegen. Postalisch ist der Landesverband über ein Düsseldorfer Postfach erreichbar.
Minikundgebungen und Wahlpleiten
Von einer wahrnehmbaren „pro D“-Präsenz in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt kann indes nicht die Rede sein. Lediglich zwei direkt aufeinander folgende Minikundgebungen im Rahmen ihres Bundestagswahlkampfes 2013 kann die aus den Reihen der „Bürgerbewegung pro Köln“ entstandene und heute in offener Konkurrenz zur 2007 gegründeten Partei „Bürgerbewegung pro NRW“ („pro NRW“) stehende Truppe um den ehemaligen Kölner und heutigen Berliner Manfred Rouhs auf ihrem Düsseldorfer Konto verbuchen (das Düsseldorfer „Antifa-Infoportal“ berichtete). Bundesweit hatte die Partei im Bundestagswahlkampf zahlreiche derartige Kundgebungen unter dem Motto „Zuwanderung stoppen – Islamisierung verhindern“ durchgeführt. An den beiden Düsseldorfer Aktionen am 30. August 2013 in der Altstadt und gegenüber dem „Linken Zentrum Hinterhof“ nahmen jeweils weniger als zehn Personen teil. Die allermeisten von ihnen gehörten zum umher reisenden Wahlkampfteam um den damaligen „pro D“-Generalsekretär Lars Seidensticker aus Berlin und den heutigen „pro D“-Landesgeschäftsführer und ehemaligen NPDler Nico Ernst, damals noch „pro NRW“-Stadtratsmitglied in Bonn, aber parallel schon bei „pro D“ involviert.
Bei den Bundestagswahlen erzielte „pro Deutschland“ bundes- und auch NRW-weit nicht mehr als magere 0,2 Prozent, obwohl „pro NRW“ nicht angetreten war. In Düsseldorf konnte die Partei 482 Zweitstimmen auf sich vereinen (0,2 Prozent), insgesamt kamen extrem rechte Parteien in der Landeshauptstadt auf 1,0 Prozent, hinzu kam aus dem Rechtsaußenspektrum 4,2 Prozent für die AfD.
„Pro D“ profitiert von „pro NRW“-Spaltung
Bereits seit längerer Zeit existierende Spannungen innerhalb von „pro NRW“ eskalierten 2015 und führten zu einer Spaltung der Partei. Diverse Mitglieder, Mandatsträger_innen und Parteifunktionär_innen wandten der Truppe um den Leverkusener „pro NRW“-Vorsitzenden Markus Beisicht den Rücken zu und schlossen sich „pro D“ an. Vorgeworfen wurde dem auch aufgrund seines Führungsstils in die Kritik geratenen Beisicht unter anderem, eine „NPD 2.0“ aufbauen zu wollen und nicht den erforderlichen Abstand zu Gruppierungen wie HoGeSa („Hooligans gegen Salafismus“) zu halten. Diese Übertritte ermöglichten im Herbst 2015 dann die bereits erwähnte Gründung eines NRW-Landesverbands von „pro D“. Seit der letzten „pro D“-Bundesversammlung am 28. November 2015 in Berlin gehören dem dort gewählten 17-köpfigen Bundesvorstand fünf Personen aus NRW an. Neben dem NRW-Landesvorsitzenden Markus Wiener (Köln) sind das der heutige „pro D“-Generalsekretär Detlev Schwarz aus Bonn, der durch Rücktritt sein Bonner „pro NRW“ Stadtratsmandat gegen die Zusage finanzieller Zuwendungen an den Bonner „pro NRW“-Funktionär Christopher von Mengersen übergeben hatte, der Kölner Waldemar Staudenherz (Mitglied der städtischen Seniorenvertretung), die Wuppertaler Ratsabgeordnete und Kreisvorsitzende Claudia Bötte und der Düsseldorfer Thorsten Michael Pohl, seit dem 1. Juli 2014 Mitglied des Remscheider Stadtrats, ebenfalls eingezogen über eine „pro NRW“-Liste.
Der „Immobilien-Verwalter“
Das in Düsseldorf-Derendorf lebende „pro D“-Bundesvorstandsmitglied Thorsten Michael Pohl zog es bisher vor, bei Düsseldorfer Kundgebungen der „pro“-Parteien eher im Hintergrund zu bleiben, zum Mikro griff er hier – im Gegensatz zu Remscheid – kein einziges Mal. 2015 war er mehr oder weniger regelmäßig Teilnehmer der 21 DÜGIDA-Demos von Melanie Dittmer. Berührungsängste zu den ebenfalls daran teilgenommenen Düsseldorfer NPDlern kennt er nicht, auch nicht außerhalb politischer Aktionen, beispielsweise beim gemeinsamen und ausgiebigen Biertrinken. Und als am 9. April 2016 in Magdeburg die HoGeSa-Abspaltung „Gemeinsam stark Deutschland“ (GSD) „gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch“ auf die Straße ging („sechel“ berichtete), reiste auch Pohl in die fast 450 Kilometer entfernte sachsen-anhaltische Hauptstadt, um dabei zu sein. Dass „pro D“ ein Verbot von HoGeSa fordert und GSD weder von der politischen Ausrichtung noch von der teilweise eindeutig neonazistischen Anhänger_innenschaft von HoGeSa unterscheidbar ist, stört ihn offenbar hierbei nicht.
Seinen offiziellen Hauptwohnsitz hat der 1964 geborene Pohl spätestens seit seinem Remscheider Wahlantritt zu den letzten Kommunalwahlen 2014 in Remscheid, aktuell in demjenigen Haus, in dem auch das zweite Remscheider „pro D“-Ratsmitglied, der ehemalige NPDler und heutige Fraktionsgeschäftsführer der Wuppertaler „pro D“/REP-Stadtratsfraktion André Hüsgen, dessen Lebensgefährtin Claudia Bötte und der „pro D“-Landesgeschäftsführer Nico Ernst ihre Betten aufgebaut haben. Hier residiert auch offiziell die „Geschäftsstelle“ der Remscheider „Ratsgruppe pro Deutschland“. Und es würde niemanden verwundern, wenn Pohl die Immobilie „verwalten“ und diese auch für die neue Landesgeschäftsstelle genutzt würde.
Was bleibt?
Die Existenz einer Düsseldorfer Festnetznummer und eines Düsseldorfer Postfachs belegt keineswegs, dass „pro D“ über eine Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf verfügt. Oder gar, dass „pro D“ in Düsseldorf eine handlungsfähige Lokalstruktur hat. Bisher führen alle Düsseldorfer „pro D“-Bezüge zu einer einzigen, bisher in Düsseldorf kaum beachteten Person, nämlich zu Thorsten Pohl, der sicherlich auch 2017 beim „pro D“-Bundestagswahlkampf eine Rolle spielen wird. Ein „pro D“-Antritt bei der NRW-Landtagswahl 2017 in Konkurrenz zu „pro NRW“ ist hingegen nicht zu erwarten. Wahrscheinlicher ist es, dass „pro D“ eine Wahlschlappe in NRW und eine Kritik an konkurrierenden Antritten aus dem „patriotischen“ Spektrum vermeiden möchte, einstweilen noch „pro NRW“ das Feld überlassen wird und auf das endgültige Ende der bereits arg geschwächten Beisicht-Truppe hofft.
© Düsseldorf Rechtsaußen