D: „Zum Erfolg verdammt“? Der Düsseldorfer Kreisverband der „Die Rechte“

DÜSSELDORF – Seit dem Frühjahr 2013 verfügt die am Pfingstsonntag 2012 in Hamburg unter anderem von Christian Worch gegründete Partei „Die Rechte“ (DR) über einen lokalen Kreisverband (KV), der sich für die kreisfreien Städte Düsseldorf und Solingen sowie für den Kreis Mettmann, später auch für den Rheinkreis Neuss zuständig erklärte. Entstanden war dieser insbesondere auf Initiative der vorherigen NPD-Kreisvorsitzenden und NPD-Landesvorstandsbeisitzerin Nadine Braun (Mettmann) und ihres lokalen Stellvertreters Manfred Breidbach (Düsseldorf), die der NPD den Rücken kehrten. Doch schon ab der zweiten Jahreshälfte 2013 war nach einer kurzen Drangphase kaum noch etwas von DR-Aktivitäten in Düsseldorf zu hören und sehen. Die wenigen lokalen DR-Aktivist_innen sind nur noch auf auswärtigen Neonazi-Aufmärschen zu besichtigen, so zuletzt am 4. Juni 2016 in Dortmund. Seit 2015 herrscht auch Funkstille im Rheinkreis Neuss und im Kreis Mettmann, aus Solingen war von Anfang an nichts zu vernehmen. Aktuell verfügt der KV nicht einmal über eine öffentlich wahrnehmbare Internetpräsenz. Aufgelöst hat er sich aber bisher dennoch nicht.

„Trotz Verbot sind wir nicht tot“

Interessant für die militante Szene der parteilosen „Freien Kräfte“ wurde die Minipartei „Die Rechte“ durch das staatliche Vorgehen im Jahr 2012 – im Nachgang der Selbstenttarnung des NSU. Es hagelte Verbote „Freier Kameradschaften“ sowie Verfahren wegen der Bildung „krimineller Vereinigungen“. Mitglieder der in NRW federführenden Gruppen „Nationaler Widerstand Dortmund“, „Kameradschaft Hamm“ und „Kameradschaft Aachener Land“ mussten im August 2012 Verbotsverfügungen entgegen nehmen und die Durchsuchung ihrer Wohnungen über sich ergehen lassen. Bereits im Mai 2012 hatte es die „Kameradschaft Walter Spangenberg“ aus Köln erwischt. Hinzu kamen im April 2012 bzw. im März 2012 Razzien mit anschließenden Strafverfahren gegen den „Freundeskreis Rade“ aus Radevormwald im Oberbergischen Kreis bzw. das „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABM), das schwerpunktmäßig im nördlichen Rheinland-Pfalz (mit Schaltstelle in Bad Neuenahr-Ahrweiler) angesiedelt, aber auch überregional aktiv war und über Unterstützer_innen und Mitglieder in NRW verfügte. Einer der im Rahmen der ABM-Razzia festgenommenen Personen war der Düsseldorfer Sven Skoda (LOTTA und TERZ berichteten 2008 ausführlich über ihn), bis heute ranghöchster lokaler Neonazi in der bundesweiten Neonazi-Hierarchie und regelmäßiger Redner auf Demonstrationen der „Die Rechte“, der er aber eigenen Aussagen zufolge nicht angehört. Dennoch stellte die Partei ihn während seiner Haftzeit als ihren Spitzenkandidaten zur Europawahl auf, an der sie aber wegen fehlender Unterstützungsunterschriften letztendlich nicht teilnehmen durfte. Erst nach 22 Monaten Untersuchungshaft wurde Skoda wieder entlassen, der Prozess gegen ihn und diverse weitere Angeklagte vor dem Koblenzer Landgericht dauert bis heute an, bisher haben über 250 Prozesstage stattgefunden (siehe Zwischenbericht der LOTTA aus 2014). Seit seiner Inhaftierung genießt Skoda sein „Märtyrer“-Image und ergeht sich in immer schärfer formulierten Demonstrationsreden und Aufrufen für das von ihm angestrebte „freie, nationale und sozialistische Deutschland“, so zuletzt am 4. Juni 2016 beim „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) in Dortmund.
Nachdem zeitnah nach den Verboten aus den Reihen der verbotenen „Kameradschaften“ zunächst „Die Rechte“-Kreisverbände in Dortmund, der Region Aachen und im Kreis Heinsberg entstanden waren, zogen weitere, bis dato nicht verbotene „Kameradschaften“ nach. Offenbar aus Sorge, als nächstes „dran“ zu sein, lösten sich einige Gruppen vermeintlich auf und konstituierten sich als DR-Kreisverbände neu. Weitere Kreisverbände entstanden aus neugegründeten Zusammenhängen. Neben Dortmund, Hamm, der Region Aachen, dem Kreis Heinsberg sowie Düsseldorf existieren aktuell sechs weitere Kreisverbände in NRW, zeitweilig recht emsige wie beispielsweise in Wuppertal, im Rhein-Erft-Kreis, im Oberbergischen Kreis und in Ostwestfalen, aber auch kaum wahrnehmbare wie in Mülheim/Kreis Wesel und im Kreis Recklinghausen. Im Hochsauerlandkreis und im Münsterland gab es Aufbauversuche, die aber bislang nicht erfolgreich waren. Im Kreis Soest löste sich die kurze Zeit bestehende Lokalstruktur wieder auf. (1)

„Mumien“ vs. „fleißige Kameraden“

In Düsseldorf war die Szene allerdings nicht von einem Verbot bedroht. Nach dem Zerfall der „Freien Kameradschaft Düsseldorf“ Anfang der 00er hatte sich keine handlungsfähige Gruppe aus dem Spektrum der „Freien Kräfte“ mehr etablieren können. Einige lokale Akteur_innen – unter ihnen Manfred Breidbach – traten Mitte der 00er im Rahmen der von NPD und Teilen der „Freien Kameradschaften“ ausgerufenen „Nationalen Volksfront“ dem bis dahin kaum sichtbaren NPD-Kreisverband Mettmann/Düsseldorf bei, der von nun an wieder Aktivitäten entfaltete, 2009 an den Kommunalwahlen teilnahm und 2010 sogar eine Demonstration in Velbert-Neviges mitorganisierte (2). Der Düsseldorfer NPD-KV – geführt von Nadine Braun und Manfred Breidbach – gehörte folgerichtig zu dieser Zeit zum neonationalsozialistischen Flügel der Partei in NRW, der eng mit militanten Neonazi-Strukturen außerhalb der Partei kooperierte. Ab Ende 2011, also nach der Wahl von Holger Apfel zum NPD-Bundesvorsitzenden, ließen Braun, Breidbach und Co. keine Chance ungenutzt, um gegen Apfels vermeintlich gemäßigten Kurs der „radikalen Seriösität“ zu wettern, ihre Anfeindungen richteten sich aber auch immer stärker gegen den NPD-Landesvorsitzenden Claus Cremer, der wieder einmal seine Fahne in den vorherrschenden NPD-Wind gehalten hatte und temporär zum Holger-Apfel-Befürworter mutiert war.
Im Frühjahr 2013 entschlossen sich Braun, Breidbach und einige Gleichgesinnte letztendlich, aus der NPD auszutreten und einen „Die Rechte“-Kreisverband zu gründen. „Einige von uns, die sich zu diesem Schritt entschlossen haben, waren teilweise sogar seit den 80er Jahren Parteimitglied“, so „Die Rechte“, offenbar in Anspielung auf den ehemaligen NPD-Kandidaten Ralf-Peter Zecher (Jahrgang 1960) aus Ratingen. Die Gründung wurde am 20. April 2013 in der bereits zuvor mehrfach als neonazistischer Veranstaltungsort genutzten Mettmanner Gaststätte „Lounge Deluxe“ (vgl. TERZ Juni 2011) vollzogen. „Mit der Ära Apfel“, so Breidbach in einer gemeinsam mit Nadine Braun unterzeichneten Erklärung vom 26. April 2013, habe „die Partei einen Rückschritt“ gemacht, „der sich aus unserer Sicht auch mit enormen Arbeitsaufwand nicht wieder rückgängig machen“ ließe. „Langjährige fleißige Kameraden“ aus NRW seien aus der Partei ausgeschlossen und „die Aufnahme namhafter freier Aktivisten unter fadenscheinigen Begründungen verhindert“ worden. „Weitere Arbeit, Zeit und Energie in die jetzige NPD einzubringen“, so Breidbach weiter, „wäre ungefähr so sinnvoll, wie in eine ägyptische Mumie einen Herzschrittmacher einzusetzen in der Erwartung, dass diese dann aufsteht und Pharao wird. […] Was nicht zusammen passt, das sollte getrennte Wege gehen.“

Stumpfe „Sperrspitze“

„Ich habe viel gelesen über Manfred Breidbach. Ein Glücksfall für Düsseldorf und NRW“, freute sich am 27. April 2013 ein Diskutant im neonazistischen Internetportal „Altermedia“. Die Düsseldorfer „Kameraden“ seien dabei, „die Sperrspitze des NW in Deutschland zu Bilden. Ein Eliteverband. Die Achse Dortmund – Aachen – Düssldorf finde ich sehr interessant und mit Christian Worch im Rücken zum Erfolg verdammt. Bravo!“ [Alle Fehler im Original].
Erfüllen konnte der hoch gelobte Breidbach aus Düsseldorf-Rath (LOTTA und TERZ berichteten 2012 ausführlich über ihn), bis dahin eher bekannt als offen nationalsozialistischer Hetzredner auf extrem rechten Demonstrationen und Gehilfe von Sven Skoda als dafür, lokale Wühl- und Aufbauarbeit verrichten zu wollen bzw. zu können, die in ihn gesteckten Hoffnungen aber bis heute nicht. In der Landeshauptstadt reichte es nach der Kreisverbandsgründung gerade einmal zu einer 50-köpfigen Minikundgebung anlässlich des 90. Todestags Albert Leo Schlageters (Motto: „Schlageter – ein deutscher Freiheitskämpfer“) am 26. Mai 2013 auf dem Reeser Platz in Golzheim sowie zu einem seltenen und unregelmäßigen Kommentieren lokaler und überregionaler Ereignisse im Internet. In Mettmann fanden einige Saalveranstaltungen statt, man versuchte sich an „Anti-Antifa“-Arbeit und – letztendlich ohne Erfolg – am Aufbau einer lokalen Gruppe. In Grevenbroich (Rheinkreis Neuss) führte der im November 2013 in den Kreisverband aufgenommene DR-Ortsverband Neuss/Grevenbroich 2014 Unterschriftenkampagnen („Petitionen“) gegen einen Moscheebau in Grevenbroich durch, flankiert durch die eine oder andere „Transparent-Aktion“ und Flugblattverteilung. Am 18. November 2014 berichtete der „Die Rechte“-Kreisverband Rhein-Erft von einer Beteiligung der „Kameraden des Ortsverbands Neuß / Grevenbroich“ an einem „Heldengedenken“ im nahen Mönchengladbach-Wickrathberg zwei Tage zuvor. „Eine Aktivistin und ein Aktivist vom Ortsverband Neuß / Grevenbroich“ hätten dort „über den historischen Ort unserer Aktion – das Rheinwiesenlager in Wickrathberg“ Reden gehalten. Eine im Frühjahr 2014 auch vom lokalen DR-Kreisverband angekündigte „Kampagne […] einiger Kreisverbände der Partei Die Rechte aus dem Rheinland“ unter dem Motto „Multikultur tötet – Rassen, Völker, Kulturen, Familien, Menschen!“ erwies sich als Wunschdenken und fand nicht wahrnehmbar statt.

Was bleibt?

Unter dem Strich ist der lokale Kreisverband der „Die Rechte“ aktuell nicht wirklich wahrnehmbar. Waren in Mettmann und Grevenbroich zumindest zeitweilig – zwischenzeitlich wieder eingeschlafene – kleinere Aktivitäten und Aufbauversuche zu beobachten, so ist in Düsseldorf bereits seit Sommer 2013 ein Totalausfall festzustellen. Möglichkeiten, potenzielle neue Mitstreiter_innen einzubinden, blieben ungenutzt. Zwar war der lokale „Führer“ Manfred Breidbach anfangs auch auf DÜGIDA-Demonstrationen anzutreffen, sein Interesse an diesen war aber schnell aufgebraucht. Für den Aufbau einer lokalen Basisstruktur scheinen die Kapazitäten und Fähigkeiten der vermutlich nur aus zwei bis drei Leuten bestehenden Kerngruppe ohnehin nicht zu reichen. Diese Kernstruktur aber wird aufrecht erhalten, so wurde am 26. September 2014 gemeldet, dass eine „Jahreshauptversammlung“ sowie „Vorstandswahlen erfolgreich“ durchgeführt worden seien. Von den dort beschlossenen „kommenden Projekten“ war indes bis heute nichts zu bemerken. Sollte „Die Rechte“ bei den Landtagswahlen und Bundestagswahlen 2017 antreten, so müsste sie vor Ort um einiges nachlegen, um überhaupt bemerkt zu werden und nicht auf die wenigen eigenen Leute und auf diejenigen angewiesen zu sein, die in plumper Abwehrhaltung zur „Die Linke“ spontan „Die Rechte“ wählen. Bei den – allerdings alibimäßig angegangenen – Bundestagswahlen im September 2013 kam „Die Rechte“ auf rekordverdächtige 39 Stimmen im Düsseldorfer Stadtgebiet. Mit Wahlen und Parlamentarismus will Breidbach ohnehin nichts zu tun haben, offenbar auch nicht aus strategischen Gründen. Vermutlich interessierte ihn nicht einmal, dass seine eigene Partei auch in Düsseldorf wählbar war. „Wir duften gestern nur ein Kreuz bei demokratischen Parteien machen, das ist Fakt, somit handelt es sich NICHT um eine freie Wahl!“, hieß es am 23. September 2013 auf der Homepage der DR Düsseldorf: „Wir hatten alle die Freiheit, zu wählen. […] Was wir allerdings nicht wählen durften, das war eine nicht-demokratische Partei. Eine nationalsozialistische Partei z.B. konnten wir auf dem Wahlzettel nicht finden, weil sie verboten ist. So wie jede Partei verboten wird, die das parlamentarisch demokratische System an sich in Frage stellt.“ Für Breidbach und Co. gibt es offenbar nur eine einzige legitime Partei: die NSDAP.

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(1) Zur Einschätzung des NRW-Innenministeriums bezüglich der juristischen Aussichten eines möglichen DR-Verbots siehe hier.

(2) „Düsseldorf Rechtsaußen“ wird demnächst auch über die lokale NPD berichten.

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