D: Kevins Welt und „Die Republikaner“

DÜSSELDORF: „Jede Kundgebung gegen Funktionäre unserer Partei“ werde „mit einer zusätzlichen REP-Veranstaltung gegen das Asylchaos in Düsseldorf“ beantwortet, so Ratsherr Andre Maniera, Chef der NRW-„Republikaner“ aus Düsseldorf-Düsseltal am 16. Juli 2016, fünf Tage nach einer antifaschistischen Kundgebung und Flugblattverteilaktion vor seiner Haustür (die WAZ berichtete). Offenbar will derartiges Getöse nicht nur darüber hinwegtäuschen, dass die REP vor Ort zunehmend unter Druck geraten. Auch innerhalb des Landesverbands gibt es Probleme. Im Mittelpunkt dieser Probleme steht zur Zeit der REP-Spitzenkandidat bei den im Mai 2017 anstehenden Landtagswahlen. Die Rede ist von Kevin Krieger aus dem etwa 30 Autokilometer von Düsseldorf entfernten Pulheim.

Selbstdarsteller, selbsternannte Missionare und Hyperaktive

Der 1991 in Gelsenkirchen geborene heutige REP-NRW-Jugendbeauftragte gehört zum festen Inventar bei REP-Auftritten in der Landeshauptstadt, sei es bei Demonstrationen und Kundgebungen seit Sommer 2015 oder in letzter Zeit bei den regelmäßigen samstäglichen Informationsständen, wie zuletzt in Rath (9. Juli) und Eller (16. Juli). Seine langatmigen Reden sind sowohl bei Gegendemonstrant_innen als auch beim erlebnis- und gerstensaftorientierten Flügel der Garather REP-Anhänger_innenschaft gefürchtet. Rhetorisch kann dem Franz-Schönhuber-Fan kaum jemand das Wasser reichen, wenn er seiner Kreativität mit Parolen wie „Hitler war gestern – heute ist Garath!“ freien Lauf lässt und auch dann noch weiter redet, wenn alles – und das gleich mehrfach – bereits gesagt wurde und alle anderen gerne nach Hause oder zurück in ihre Garather Kneipe „Braustübchen“ wollen. Obwohl auch Andre Maniera das eine oder andere Mal recht angenervt von „seinem“ Spitzenkandidaten wirkt, so hofft er vermutlich doch, dass ein hyperaktiver Selbstdarsteller und selbsternannter Missionar wie Krieger mit dafür sorgen könnte, über einen langen Zeitraum zumindest in der Landeshauptstadt wahrnehmbar zu sein, in anderen Kommunen Strukturen auf- und auszubauen und eventuell sogar jüngere Sympathisant_innen an die Partei zu binden.

Von „pro NRW“ über die NPD zu den REP

Unter Beobachter_innen der extremen Rechten in NRW gibt es zu dem folgenden Thema völlige Einigkeit in der Einschätzung: Da wo ehemalige Aktivist_innen der extrem rechten „pro“-Parteien auftauchen, gibt es früher oder später Zerwürfnisse und Streitigkeiten. So auch im Fall Krieger, der am 22. Juli 2011 zum „pro NRW“-Bezirksjugendbeauftragten für den Parteibezirk Niederrhein ernannt worden war. Nach einem späteren Intermezzo bei der NPD landete er dann 2015 bei den REP, deren lange Jahre inaktiver Kölner REP-Kreisverband insbesondere auf Initiative des im Herbst 2014 von „pro Köln“ zu den REP abgewanderten Thomas Weber Anfang 2015 reaktiviert worden war. Dem Kreisvorstand um Weber und dessen Stellvertretern, dem Kölner Alt-„Republikaner“ Jürgen Heydrich und dem ex „pro Köln“ler Jürgen Spelthahn, gehörte Krieger zwar zunächst nicht an, er wurde aber als „Kreisjugendbeauftragter“ und nach dem schnellen Parteiaustritt Spelthahns auch als „kommissarisch stellvertretender Kreisvorsitzender“ geführt. 2015 wurde er als REP-Oberbürgermeisterkandidat ins Rennen geschickt, obwohl ursprünglich offenbar Jürgen Spelthahn für diese Kandidatur vorgesehen war. Das Ergebnis am 18. Oktober 2015 fiel mit 0,49 Prozent (1.575 Stimmen) mehr als kläglich aus.

„Von seinen Aufgaben befreit“

Am 12. März 2016 gab der eng mit der Duisburger REP-Ratsgruppe um den früheren „pro Deutschland“- und späteren „pro NRW“-Funktionär Mario Malonn verbandelte Kölner REP-Kreisverband bekannt, dass auf einer „Kreisvorstandssitzung am gestrigen Freitagabend […] der bisherige, kommissarisch stellvertretende Kreisvorsitzende, Kevin Krieger, einstimmig von seinen Aufgaben befreit“ worden sei. Über die Hintergründe wurde nichts verraten, offenbar hatte Krieger aber in den Monaten zuvor durch als Alleingänge und parteischädigend interpretiertes Verhalten den Zorn seines Kreisvorsitzenden Weber auf sich gezogen und hierfür nun die Quittung erhalten, für Weber und Co. allerdings mit offenbar unerwarteten Konsequenzen.

Pro „Republikaner“?

Auffällig ist, dass sich seit Ende 2015 mit Ausnahme von Krieger keine Kölner und Duisburger REP-Kreisvorstandsmitglieder mehr an den Düsseldorfer Aktionen des Landesvorstands beteiligen. Christopher Wrobel vom Duisburger Kreisverband wurde zwar noch für die Düsseldorfer Aktionen am 30. Januar 2016 in Garath und 19. März 2016 in Oberbilk als Redner angekündigt, erschien aber beide Male nicht. Thomas Weber wurde zuletzt am 3. Oktober 2015 in Garath, Mario Malonn und Wrobel am 14. November 2015 in Holthausen gesichtet. Weder im aktuellen Landesvorstand noch in dem zuvor sind bzw. waren Kölner oder Duisburger REP vertreten, ebenso wenig wie bei den bisher namentlich bekannten Landtagskandidaturen. Bei der Duisburger Ratsgruppe, die immerhin über zwei – 2014 über die „pro NRW“-Liste eingefahrene – Ratsmandate verfügt, und ihrem Umfeld darf ein grundsätzliches Desinteresse an einer auf eine längerfristige Perspektive orientierten Parteiarbeit unterstellt werden. Und erst recht nicht dürfte man daran interessiert sein, die leeren Kassen des Landesverbands zu füllen. In Duisburg wird Mario Malonn ohnehin die Tür hinter sich zuziehen, sobald 2020 der Zugang zu den Geldtöpfen und Lokalparlamenten versperrt sein wird. Einen Zugang zu Geldtöpfen oder Stadtratsmandaten gibt es für die Kölner „Republikaner“ schon seit vielen Jahren nicht mehr. Hier wurde 2015 mit Support aus Duisburg von ehemaligen „pro Köln“-Akteur_innen recht euphorisch ein Wiederaufbauprozess in Gang gesetzt, der bereits an der ersten Hürde zum Erliegen gekommen ist. Es bleiben Katzengejammer und Rückzugsgefechte.

Rückendeckung und Gegenangriff

Vom REP-Landesvorstand um Andre Maniera bekam Krieger nach seinem Rauswurf volle Unterstützung. Er durfte REP-Landesjugendbeauftragter bleiben und wurde auf dem REP-NRW-Landesparteitag am 7. Mai 2016 in Düsseldorf sogar zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahlen im Mai 2017 gewählt. Parallel bastelte sich Krieger im Rhein-Erft-Kreis, also in seinem Heimatkreis, einen eigenen REP-Kreisverband und entfaltete zudem kleinere Aktivitäten im Rahmen der REP-Jugend NRW. Am 22. Juni 2016 verkündete er dann, dass er nun REP-„Ansprechpartner für Köln und Umland“ sei und präsentierte seine bisherige Rhein-Erft-Kreis-Facebook-Seite als die nun offizielle des Kreisverbands Köln. Etwas später modifizierte er seinen Beitrag dahingehend, dass er nun „Ansprechpartner für Jugendliche in Köln und Umland und Dr. Heydrich für den Kreisverband“ sei. Die bisherige Facebook-Seite des Kölner Kreisverbands wurde abgeschaltet, eine eigene Rhein-Erft-Seite gibt es nun nicht mehr. Der Hintergrund: Thomas Weber war vom Landesvorstand seines Amtes als Kreisvorsitzender enthoben worden. Die Facebook-Seite des REP-KV Köln sei, so Weber, durch „den LV Herrn Andre Maniera bzw dem Bundesschatzmeister Ralf Goertz an Krieger übergeben“ worden. Der Kreisvorstand habe „keine Möglichkeiten auf diese Seite zurück zu greifen“.

Unflätiges und Führergrüße

Weber, der demnächst vor dem Parteischiedsgericht oder auch vor dem Amtsgericht Köln zum Gegenschlag gegen Krieger ausholen möchte, lässt seit seiner Amtsenthebung keine Möglichkeit ungenutzt, um allerlei Unflätiges auf Krieger und Maniera („Er macht den ganzen Dreck mit“) zu werfen und damit die ohnehin bereits vorhandenen Spaltungstendenzen weiter zu befeuern. Krieger habe, so Weber, „bis jetzt immer politisch versagt. Egal ob bei der Kommunalwahl 2014 mit seiner ehemaligen politischen Heimat der NPD Köln im Stadtteil Holweide 0,2 % oder bei der Kölner OB Wahl mit 0,49 %. Er ist nicht ernst zu nehmen. Und der Düsseldorfer LV wird das mit Krieger auch noch bereuen. Spätestens im Bundes Schiedsgericht oder falls die Herrschaften das nicht ansetzen vor dem Amtsgericht Köln. Letztere wäre fast noch geiler weil dann jeder erfährt das Kevin Krieger gerne zur Begrüßung seine Hand hebt !!“ Apropos „Hand heben“: Die BILD berichtete im Vorjahr über einen Vorfall am 2. August 2015 im Rahmen des Kölner REP-OB-Wahlkampfs, bei dem es anlässlich des Verteilens von Flugblättern zu einem Streit zwischen Krieger und Weber auf der einen Seite und „einem jungen Türken“ auf der anderen Seite gekommen sei. Im Laufe des Disputs soll Weber [sic!] mehrfach den Hitler-Gruß präsentiert haben, er und Krieger seien auf der Polizeiwache gelandet, Weber soll eine Strafanzeige kassiert haben.

Was bleibt?

An dieser Stelle lässt sich nicht klären, ob nun Krieger, Weber oder beide dazu neigen, mit dem rechten Arm die maximal mögliche Sprunghöhe der Führerschäferhündin „Blondi“ († 30. April 1945) anzuzeigen. Aber was weder Antifaschist_innen noch die schlechten Wahlergebnisse (O-Ton Krieger: „Die Freiheit einer Nation, erkämpft man nicht durch das schwafeln im Parlament, sondern auf der Straße“) hinbekommen, nämlich den Untergang der NRW-„Republikaner“ noch vor den nächsten Kommunalwahlen 2020, besorgen die REP jetzt offenbar auf ihre eigene Art. Insbesondere ihre von den „pro“-Parteien hinzu gestoßenen Parteigänger_innen steuern hierzu alles ihnen Mögliche bei. Noch ist unklar, welche Kreisvorstände überhaupt noch hinter Maniera stehen. Viele werden es nicht sein. Und so verwundert es auch nicht, dass die Teilnehmer_innenzahlen bei den REP-Demos im Großraum Düsseldorf immer mehr in den Keller gehen. Am 3. Juni 2016 waren es in Garath nicht einmal 20, am 30. Juni 2016 in Monheim (Kreis Mettmann) gerade einmal 15. Dass Selbstdarsteller Kevin Krieger hieran etwas Wesentliches zu ändern weiß, darf stark bezweifelt werden.


Anmerkung: Das Pisa-Deutsch in den Zitaten wurde aus den jeweiligen Originalen übernommen.

© Düsseldorf Rechtsaußen