DÜSSELDORF: Mit einer Pressemitteilung (PM) hat sich heute die Initiative „NSU-Watch NRW“, die seit etwa zwei Jahren die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) des NRW-Landtags zu den Ermittlungen rund um die vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ in Köln begangenen Bombenanschläge und den in Dortmund begangenen Mord kritisch verfolgt und dokumentiert, an die Öffentlichkeit gewandt. Gefordert wird, nun endlich den Wehrhahn-Sprengstoffanschlag bzw. die Ermittlungen zu diesem Anschlag im NSU-Untersuchungsausschuss NRW zu thematisieren. Es bestünde ansonsten, so die Initiative, „große Gefahr, dass das Thema Wehrhahn hinten über fällt, also nicht mehr im erforderlichen Umfang behandelt wird“.
Zehn teilweise schwer Verletzte
Der Anschlag vom 27. Juli 2000 ist vielen noch in Erinnerung: Auf dem S-Bahnhof Wehrhahn explodierte unweit des Zugangs an der Ackerstraße auf der Fußgängerbrücke ein Sprengsatz, der in einer Tüte deponiert war, die am Geländer hing. Direkt betroffen war eine zehnköpfige Gruppe großteils jüdischer „Kontingentflüchtlinge“ aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die meisten wurden verletzt, einige schwer, teilweise bestand Lebensgefahr. Sämtliche Ermittlungen blieben erfolglos, bis heute ist nicht bekannt, wer die Täter_innen waren und welches Motiv sie hatten (Nähere Infos zum Anschlag finden sich hier.)
„Explizit Teil des Untersuchungsauftrags“
Die Initiative „NSU-Watch NRW“ erinnert in ihrer PM daran, dass der Wehrhahn-Anschlag „explizit Teil des Untersuchungsauftrags“ des PUA sei. Doch „während alle anderen im Untersuchungsauftrag formulierten Fälle zwischenzeitlich mehr oder weniger abgearbeitet
worden“ seien, habe „bisher keine einzige öffentliche PUA-Sitzung zum Thema Wehrhahn-Anschlag stattgefunden. Auch gibt es keinerlei Verlautbarungen darüber, wann bzw. ob dieses noch geschehen soll, obwohl ein Ende der ZeugInnenvernehmungen noch im Herbst 2016 absehbar ist“, so „NSU-Watch NRW“. Und tatsächlich neigt sich die Arbeit des PUA dem Ende zu. Schon bald muss mit der Erstellung des – aus der Erfahrung anderer NSU-PUA sehr arbeitsintensiven – Abschlussberichts begonnen werden, um diesen rechtzeitig vor der Landtagswahl im Mai 2017 vorlegen zu können. Spätestens dann nämlich wird der PUA wieder aufgelöst.
„Behördlicherseits kein Interesse“?
Als „Grund für das Aufschieben des Themas“ vermutet „NSU-Watch NRW“ mit Verweis auf einen Artikel der „Rheinischen Post“, dass „die Staatsanwaltschaft Düsseldorf die bereits vor langer Zeit eingestellten Ermittlungen zum Wehrhahn-Anschlag spätestens im Sommer 2015 wieder aufgenommen“ habe: „Daraus dürfte sich eine Einstufung der Ermittlungsakten als ‚vertrauliche Verschlusssache‘ ergeben haben.“ Stimmt diese Annahme der Initiative, hätte das zur Folge, dass die Arbeit des PUA durch allerlei Hürden gebremst würde und eine Behandlung des Themas in öffentlichen Sitzungen nicht möglich wäre. Genau das aber fordert „NSU-Watch NRW“. Die Sprecherin der Initiative, Maria Breczinski, geht sogar noch einen Schritt weiter: „Was auch immer zu der Wiederaufnahme geführt hat: Inzwischen wurde länger als ein Jahr neu ‚ermittelt‘, so dass in Zweifel zu ziehen ist, dass hierbei relevante Ergebnisse erzielt wurden bzw. noch erzielt werden können. Die vorgenommene Einstufung erschwert die Aufklärungsarbeit und verhindert eine öffentliche Thematisierung. Es bleibt der Verdacht, dass behördlicherseits kein Interesse an einer eingehenden Beschäftigung mit dem Thema besteht – zumindest nicht in öffentlichen Sitzungen.“
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