D: Neonazistische „Symbolpolitik“ für Horst Mahler vor dem ungarischen Konsulat

DÜSSELDORF: Exakt 50 Neonazis, unter ihnen nur vier Frauen, demonstrierten am 28. Mai 2017 in der Nähe der Königsallee und 30 Meter vom ungarischen Generalkonsulat entfernt unter dem Motto „Freiheit für Horst Mahler! Keine Auslieferung an die BRD-Gesinnungsjustiz“. Angemeldet hatte die Aktion die neonazistische Partei „Die Rechte“. Aus Düsseldorf beteiligten sich gerade einmal vier Personen: ein ehemaliger DÜGIDA-Gänger aus dem „Fortuna Terror“-Spektrum, ein rechter Jugendlicher mit Sympathien für die „Jungen Nationaldemokraten“, ein „Republikaner“-Sympathisant und der „parteifreie“ Düsseldorfer Neonazi-Platzhirsch Sven Skoda. Lokale Funktionsträger_innen der „Die Rechte“ und NPD blieben der Versammlung fern.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Um sich seiner bevorstehenden erneuten Inhaftierung zu entziehen, setzte sich der notorische Antisemit und Holocaustleugner Horst Mahler in das von der extremen Rechten hochgelobte Ungarn ab und beantragte dort politisches Asyl. Seitdem sitzt er in Abschiebehaft, und ein recht kleiner Teil der extremen Rechten in Deutschland solidarisiert sich mit ihm.

„Die Rechte“, NPD NRW und „Freie Kräfte“

Politisch hatte Mahler durch immer abstrusere Statements in den letzten 15 Jahren selbst in den eigenen Reihen für Irritationen gesorgt. Sich mit ihm einzulassen, bedeutete angesichts offener Holocaustleugnung und kaum zu überbietender antisemitischer Tiraden, sich zwangsläufig staatlicher Repression auszusetzen – mit mehr als fraglichem politischen Nutzen. Nach Mahlers Festnahme in Ungarn reichte es aber immerhin noch für Solidaritätskundgebungen vor der ungarischen Botschaft in Berlin und den ungarischen Konsulaten in München, Erfurt und Düsseldorf. Und so meldete der „Die Rechte“-Landesverband NRW, unterstützt vom Landesverband NRW der NPD und nicht näher benannten „Freien Kräften“, eben jene Kundgebung auf der Königsallee, Ecke Adersstraße an, in einem „abseits liegenden Teil von Düsseldorf“, wie Versammlungsleiter Skoda seinen auswärtigen „Kameraden“ angesichts fehlender Passant_innen und Anwohner_innen in seiner Anmoderation am Sonntag gegen 16.30 Uhr erklärte. Angereist waren hauptsächlich Neonazis aus dem Einzugsgebiet der Dortmunder „Die Rechte“, die auch Lautsprecherwagen und Technik stellte. Hinzu kam Support vom DR-Kreisverband Rhein-Erft, aus den Reihen von „Syndikat 52“ – einem Projekt aus den Reihen und dem Umfeld der DR-Kreisverbände Aachen und Heinsberg – sowie von weiteren „Nationalen Sozialisten“, unter anderem aus dem Rhein-Sieg-Kreis, Duisburg und Mönchengladbach. Als einziger NPD-Funktionär war der NPD-Landesvorsitzende Claus Cremer (Bochum) nach Düsseldorf gereist, inmitten des Blocks der DR-Aktivist_innen, der sich – teilweise nur von einer Handvoll Polizeibeamt_innen begleitet – vom Hauptbahnhof aus zu Fuß auf den Weg zum Kundgebungsort gemacht hatte.

Redner für „Meinungsfreiheit“, „Asyl“ und „historische Wahrheit“

Alle vier Redner der Kundgebung – Sven Skoda, Claus Cremer, Marcel Kasper vom DR-Kreisverband Rhein-Erft sowie der DR-Funktionär Michael Brück aus Dortmund – betonten, dass man nicht unbedingt in allen inhaltlichen Punkten mit Mahler übereinstimmen würde bzw. müsste, um für dessen Freilassung, die Gewährung von politischem Asyl (als „wahrlich politisch Verfolgtem“) und für „Meinungsfreiheit“ einzutreten. Kasper, dessen Kreisverband keine Gelegenheit ungenutzt lässt, die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zu Veranstaltungen einzuladen und abzufeiern, betonte noch einmal, worum es hierbei geht und wieso Mahler als – wenn auch ungeschickter – Mitkämpfer für eben jenes Ziel wahrgenommen wird: „Die scheinbare Wahrheit“ – gemeint ist die Vernichtung der europäischen Juden – müsse im Rahmen der „Meinungsfreiheit“ in Frage gestellt werden dürfen. Eine Verweigerung der „Diskussion um die Vergangenheit“ sei zugleich auch eine Verweigerung der „Diskussion um die Zukunft“. Damit wurde das Hauptdilemma der extremen Rechten, insbesondere des neonazistischen Spektrums nach 1945 angesprochen. Der ehemalige Neonazi-Kader Ewald Bela Althans formulierte dieses Dilemma einmal wie folgt: „Auschwitz muss fallen, dann erst können die Leute akzeptieren, was wir wollen.“

Sturmloser Sturmbannführer

Völlig unabhängig vom beschriebenen Herumlavieren um die Themen Auschwitz und „Vollendung des jüdischen Geistes in der Weltherrschaft des Geldes“ nach der „Niederlage“ 1945 (Mahler 1999 in Düsseldorf) hatte zumindest einer der anwesenden Akteure an diesem Tag seinen großen Auftritt: Sven Skoda. Seit über 15 Jahren ohne jede Hausmacht vor Ort, lassen sich seine öffentlichen Auftritte in Düsseldorf an wenigen Fingern abzählen. Dieses Mal blieben sogar die örtlichen „Die Rechte“-Akteur_innen und ehemaligen „Kameradschaft Düsseldorf“-Mitstreiter_innen seiner Versammlung fern. Nachdem das Projekt „Aktionsbüro Mittelrhein“ gescheitert war, versuchte sich Skoda, bei der „Die Rechte“ in Dortmund anzubiedern. In Feldherren-Manier schritt er am 28. Mai während der Kundgebung mehrfach die wenigen Reihen der „Nationalen Sozialisten“ ab, um letztendlich in seiner Abmoderation noch einmal das zu tun, was von ihm erwartet wurde. Die Kundgebung – so Skoda – falle in die Rubrik „Symbolpolitik“. Aber man könne auch anders. Schließlich sei „nationale Politik“ nicht nur symbolisch. Und er riet dazu, dem „roten Gesindel“ bei der Abreise „praktisch“ zu begegnen. Am Tag nach der Festnahme des mutmaßlichen Wehrhahn-Täters – seines ehemaligen Kumpels Ralf Spies – hatte sich Skoda Anfang Februar noch beeilt, unterwürfig mitzuteilen, „dass militantes Vorgehen gegen Symptome einer kranken Gesellschaft […] kein Mittel der politischen Auseinandersetzung“ sei.

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